Die Geschichte der Drogerie in Österreich

Die Wurzeln der Drogerie liegen in zwei historischen Geschäftstypen: Dem Materialwarenhändler und dem Dürrkräutler. Beim Materialwarenhändler erhielt man Waren für Haushalt - darunter viele Chemikalien - und Kosmetik. Die Dürrkräutler verkauften getrocknete Kräuter, Tees und Gewürze.

Die Bedeutung als Bezugsquelle für getrocknete Heilkräuter lässt sich aus den Namen Drogerie und Drogist ableiten. Der Wortstamm "Droge", der in Drogerie steckt, bedeutete im mittelalterlichen Deutsch "trocken" und wurde für getrocknete Heilmittel (meist Heilpflanzen, selten auch tierischen Ursprungs) verwendet, nicht wie heutzutage für psychoaktive Substanzen.

Am 17. Juni 1886 wurde eine Verordnung erlassen, die es den Drogisten gestattet, viele Heilkräuter auch für medizinische Zwecke zu verkaufen. Diese Verordnung ist die Basis für die Gesundheitskompetenz des Berufs Drogistin / Drogist, die heute nach wie vor aktuell ist.



Der Handel war ursprünglich rohstofforientiert gegliedert. Die Drogerie hatte in dieser Ordnung die Aufgabe, Drogen (=getrocknete pflanzliche Arzneimittel), Chemikalien sowie Produkte für Kosmetik und Haushaltspflege zu vertreiben. Industriell gefertigte Markenartikel gab es nur wenige. Hausfrauen wussten, aus welchen Grundsubstanzen sie gute und wirksame Mittel herstellen konnten - und dort, wo sie Tipps oder fertige Zubereitungen benötigten, halfen Drogist und Drogistin gerne weiter. Kräutermischungen, Zahncremen, Franzbranntwein, Zahnpulver, Hautcremen, Bleichwasser, Schuhpaste oder Blechputzmittel sind nur einige Beispiele für Produkte, die Drogisten direkt in den Geschäften hergestellt haben. Für die Qualität seiner Waren garantierte der Händler selbst mit seinem Namen.



Unglaublich klingt es heute, dass man in der Drogerie auch den Treibstoff fürs Auto kaufen konnte. Die ersten Tankstellen wurden nämlich erst um 1930 errichtet. 1927 gab es in ganz Österreich nur rund 14000 PKW. Zu wenige, um ein flächendeckendes Tankstellennetz zu betreiben.

Viele Handelszweige haben ihren Ursprung in der Drogerie. So zum Beispiel der Handel mit Farben und Lacken oder der Medizinproduktehandel.
Auch die Fotografie hatte ihre Kinderstube in der Drogerie. Die ersten Fotografen benötigten Chemikalien zur Herstellung und Entwicklung der lichtempfindlichen Materialien. Diese erhielten sie natürlich in der Drogerie. Dort bekamen sie auch die richtigen Rezepturen für die erfolgreiche Entwicklung ihrer Werke. Somit war es selbstverständlich, dass bald auch Filme und Fotogeräte für Amateure in den Drogerien angeboten wurden. Auch die ersten Fotolabors für Amateurausarbeitung haben Drogisten betrieben.



Die meisten Artikel konnte man früher offen nach Dekagramm oder Liter - genau in der benötigten Menge - erwerben. Abgefüllt wurde in Papiersäckchen, Glasflaschen, Blechdosen oder mitgebrachte Gefäße. Ein äußerst umweltfreundliches System, das keine Müllberge entstehen ließ.

Um 1900 gewann die industrielle Produktion an Bedeutung. Während des 1. Weltkrieges litt die Industrie allerdings unter Rohstoffmangel. Erst nach Ende dieses Krieges setzte das Wachstum der Markenartikelerzeuger ein. Auch die Drogerien verkauften immer mehr industriell gefertigte und mit wohlklingenden Namen versehene Produkte.

Der 2. Weltkrieg mit all seinen schrecklichen Ereignissen hat natürlich auch den Handel arg in Mitleidenschaft gezogen. Häuser waren zerbombt, Geschäfte zerstört. Viele Geschäftsbesitzer haben den Krieg oder das Naziregime nicht überlebt. Der Wiederaufbau forderte die ganze Kraft. Die ersten Nachkriegsjahre waren durch Warenmangel gekennzeichnet. Die schwierigste Aufgabe eines Kaufmanns war es nicht, Kunden für seine Ware zu gewinnen, sondern Ware für seine Kunden aufzutreiben.
Erst 1953 wurde die Rationierung von Lebensmitteln beendet und der Aufschwung in Richtung Wirtschaftswunder begann. Ein Aufschwung, der für den Handel allerdings auch extreme Veränderungen brachte.



Die kleinen Geschäfte mit persönlicher Bedienung bekamen Konkurrenz durch Selbstbedienungsläden. Die intensiv beworbenen, industriell gefertigten Markenartikel boomten und lösten den Verkauf offener Ware und die gewerblichen Eigenerzeugnisse rasch ab. Das erleichterte den Händlern zunächst die Arbeit gehörig. Statt mühevoll einzuwiegen und zu mischen, reichte man nur mehr ein fertiges Produkt über den Ladentisch. Um Markenartikel einfach aus dem Regal zu nehmen, bedurften die Konsumenten jedoch bald nicht mehr der Hilfe des Kaufmanns. Werbung boomte und ersetzte die Beratung. Im Lebensmittelhandel bedeutete diese Entwicklung das Ende für Milchfrau und Greißler. Auch die Drogerie durchlebte einen tiefgreifenden Strukturwandel. Gewöhnliche Haushaltsartikel verschwanden zusehends aus den Regalen der kleinen Geschäfte und wurden verstärkt in Supermärkten angeboten. Um 1970 entstanden dann die ersten Drogeriemärkte mit ihrem Sortiment für Schönheitspflege, Gesundheitspflege und Haushaltspflege.

Die kleinen Drogerien spezialisierten sich auf jene Produktgruppen, die weiterhin einer Beratung durch qualifizierte Mitarbeiter bedürfen. Aus dem großen Sortiment, das früher in Drogerien erhältlich war, haben sich zahlreiche spezialisierte Geschäfte entwickelt. Dazu zählen der Fotohandel, Parfümerien, Farbenhändler, Chemikalienspezialisten oder Medizinproduktehändler. Der größte Teil der Drogisten setzte auf den Bereich Gesundheit und Reformwaren. Rund um die traditionelle Warengruppe der Arzneimitteltees entstand ein Gesundheitssortiment, das neben pflanzlichen Arzneimitteln auch Nahrungsergänzungsmittel, Diätprodukte, gesunde Nahrungsmittel und Naturkosmetik beinhaltet. Qualifizierte Kundenberatung durch Drogistinnen und Drogisten hilft dem Konsumenten auch heute, aus der Vielzahl der angebotenen Produkte die richtige Auswahl zu treffen.